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Ende einer Ära in der Selliner Gemeindevertretung

Es war schon eine komische Stimmung bei der 38. Gemeinderatssitzung am 04.07.2023 in der Aula der Selliner Grundschule. Zuvor war schon in den Medien durchgesickert, dass der Bürgermeister Reinhard Liedke heute etwas Besonderes anzukündigen hat. Und so kam, was die Spatzen schon von den Dächern sangen. Der Bürgermeister tritt zum 31.07.2023 von seinem Amt nach 30 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit zurück. Er erklärte diesen Schritt mit persönlichen Gründen. Näheres war dazu nicht zu hören. Im Anschluss erklärte auch der langjährige Tourismus – und Betriebsausschussvorsitzende Achim Kress ebenfalls seinen Rücktritt zum 31.07.2023. Zwei Selliner Urgesteine, die nach der Wende die kommunalen Entwicklungen von Anbeginn mitgeprägt und gestaltet hatten, sagen nun zusammen tschüss.

Doch was geschah außerdem in der Sitzung. Nachdem der Bürgermeister dem Protokoll folgend, die Tagesordnungspunkte ansprach und den Bericht zur Gemeindeentwicklung wiedergegeben hatte, informierte der leitende Verwaltungsbeamte Herr Fründt über anstehende Aufgaben. Unter anderem auch über die anstehenden Wahlen zur Neubesetzung des Bürgermeisteramtes, wie auch zu der im nächsten Jahr stattfindenden Kommunalwahl. Auf Nachfrage von Gemeinderatsmitglied Herr Ahrend von der BVZS, warum es bis heute noch keinen Termin für die vom Gemeinderat beschlossene Podiumsdiskussion zum Thema LNG gibt, antworteten Herr Fründt und Herr Liedke, dass es keine geben wird, weil dafür im Gemeindehaushalt kein Geld zur Verfügung stehe. Schließlich koste ein Diskussionsforum auch. Dieses Forum war von der BVZS vorgeschlagen und vom Gemeinderat einstimmig beschlossen worden, um in der Sache die Experten von Investoren, Politik, den betroffenen Fachbereichen und Vertretern der Region zu Wort kommen zu lassen. Ziel war vor allem in den konstruktiven Austausch zu kommen, um in der aufgeheizten Stimmung Klarheit und Transparenz zu schaffen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet in dieser Sitzung bei den Berichten der Tourismusvorsitzende Nico Offermann erklärte, dass der 35 000 € teure Schwimmsteg, der schon seit ca. einem halben Jahr im Selliner See „versenkt“ wurde, bis heute offensichtlich nicht genehmigungsfähig ist. Dieser hätte wohl erstmal die Genehmigung erhalten sollen, um ihn überhaupt zu bauen. Doch in Sellin geht man erst den zweiten Schritt vor dem Ersten. Nochmal!! Es sind 35 tausend Euro für einen Schwimmsteg da, der nicht genehmigt ist, aber es ist kein Geld da für eine Sachdiskussion mit Experten. Die Kosten dafür wären im Vergleich zum Schwimmsteg nur Peanuts. Das ist aber auch bezeichnend für ein Geschehen um den Bürgermeister, der hier von Beginn an nicht hinter den Gemeinderatsbeschlüssen gestanden hatte.

Tauchte Herr Liedke doch bei der Infoveranstaltung von Regas und Cascade auf dem Podium in Baabe auf, um für LNG zu werben. Dies kritisierte Gemeindevertreterin Frau Kähler von der BVZS, weil Herr Liedke damit die Gemeinderatsbeschlüsse untergraben würde. In der Bürgersprechstunde stellte Frau Kähler einem sichtlich irritierten Bürgermeister und den anwesenden Gemeinderatsmitgliedern dann Herrn Prof. Dr. Christian von Hirschhausen vor. Er ist Wissenschaftler beim DIW und Erdgas-Experte. Der Fachmann hat ein Gutachten erstellt aus dem er in einer Kurzfassung berichtete, Zitat: „Dass es keine Gasmangellage gibt und vom Bund auch bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Der Bau eines Terminals auf Rügen ist damit nicht gerechtfertigt und ebenso sind die Pläne für den Ausbau des Hafens sowie die stillschweigende Umwidmung in einen Industriestandort Sassnitz-Mukran weder für diesen Standort, noch als Geschäftsmodell geeignet. Es gibt keine wirtschaftliche Notwendigkeit für dieses Projekt. Keine Rationalität oder ökonomisch sinnvolle und technische Umsetzung des Vorhabens“.

Zum Schluss informierte ein Mitglied der BVZS, dass die BI eine Unterschriftenaktion mit dem Ziel gestartet hat, ein Bürgerentscheid zum Thema LNG auf den Weg zu bringen. Die BI möchte damit, zusammen mit den Unterzeichnern, die Gemeinderatsbeschlüsse stärken. Dazu haben die Mitglieder 260 Unterschriften gesammelt, womit das Quorum erreicht ist, dass sich der Gemeinderat damit beschäftigen muss. Herr Liedke sicherte zu, dass der Gemeinderat dieses Vorgehen unterstützen wird.

Ihre BvZS

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